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(1) Im Süden werden die Kernkraftwerke stillgelegt, im Norden wird Windenergie zugebaut, und deshalb benötigen wir dringend viele neue Stromleitungen. Klingt überzeugend, ist aber leider falsch.
(2) Mittlerweile kann mithilfe von Daten der Bundesnetzagentur belegt werden: Die geplanten neuen Stromleitungen sind NICHT fur den Transport von Windstrom von Nord nach Süd erforderlich, sondern für die Einspeisung von Kohlestromstrom zeitgleich zu Starkwindeinspeisung. Dies gilt insbesondere für die von Ostdeutschland nach Bayern geplanten neuen Leitungen. Dies geht eindeutig aus Daten der Bundesnetzagentur für 2022 hervor: Die Kohlekraftwerke in Ostdeutschland sollen auch zukünftig immer mit voller Leistung betrieben werden, also auch zeitgleich zu ostdeutscher
Starkwindeinspeisung.
(3) Leider resultiert wohl aus der geltenden Rechtslage ein Netzausbau fur Kohlekraftwerke:
(4) Die geplanten neuen Stromleitungen sind also keinesfalls für die Integration der erneuerbaren Energien erforderlich, sondern dienen weitgehend dem ungestörten Weiterbetrieb der Kohlekraftwerke zeitgleich zu Starkwindeinspeisung. Damit steht der Bau dieser neuen Leitungen im Widerspruch zu den Zielen der Energiewende, nämlich weniger
Kohlestrom und mehr erneuerbare Energien. Wer also den Bau dieser neuen Leitungen fordert, gefährdet die Energiewende. Der völlig überdimensionierte Stromnetzausbau belastet den Stromverbraucher unnötig, konterkariert den Klimaschutz und bedroht so die Akzeptanz der Energiewende. Der dringend erforderliche Ausbau schnell regelbarer Gaskraftwerke in Suddeutschland wird dadurch betriebswirtschaftlich völlig unrentabel.
(5) ... Vor dem Bau weiterer Leitungen muss zwingend das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) reformiert werden: Bei ausreichender Erneuerbarer Stromerzeugung sollten zukünftig konventionelle Kraftwerke kein gesichertes Einspeiserecht
mehr haben, insbesondere sollte hierfür kein Netzausbau mehr erfolgen.
(6) Parallel dazu muss der Netzentwicklungsplan neu erarbeitet und dann das Energieleitungsausbaugesetz (EnLAG) und das Bundesbedarfsplangesetz (BBPlG) entsprechend angepasst werden. Und erst dann wissen wir, ob tatsachlich neue Leitungen für die Energiewende erforderlich sind.
17. Februar 2014
Prof. Dr. L. JARASS
Dipl. Kaufmann (Univ. Regensburg)
M.S. (School of Engineering, Stanford Univ., USA)
Hochschule Rhein Main